‘Die Menschen sterben und sie sind nicht glücklich‘ – daran kann auch Architektur nichts ändern. Einen Ort der Ruhe, einen Raum der Stille bereithalten, das vermag sie aber auch heute noch, auch wenn die Steine selbst nicht mehr so schwer wiegen wie in festeren, ewigkeits-gläubigeren Zeiten, wie in Sakkara, wie in Giza, zum Beispiel.
In der Ungewissheit unseres letzten Weges kann weder Kirche noch Totentempel Vorbild sein; am nächsten noch in der Aufgabe, Freiheit und Notwendigkeit in räumliche Gestalt zu bringen, wäre Gefühl und Härte einer maghrebinischen Moschee: ein öffentlicher Raum, eine piazza coperta inmitten dieser kleinen Totenstadt versammelt die Vielen und bewahrt Abstand für den Einzelnen, ist Katalysator all unserer Befindlichkeiten; die Säulen mit ihren Lichtkapitellen stellen diesen Raum – 5000 Jahre neu – in den einzig möglichen Bezug: in den Kontrast einer Kosmologie von beseelter, aufgetürmter Erde und der Sonne mit ihrem Licht.
Die Feierhallen – zwei Hallen für 50, eine für 250 Personen – sind nichts als aufgeschlitzte steinerne Kisten, mit ihrer offenen Front eingestellt in eine zweite gläserne lamellengesteuerte Hülle: der Tote, der Sarg, die Urne also schon aussen vor, im Reich des Lichts, schon Teil des Himmels, der Wolken, der Bäume.
Dieser Bau entspricht wie kein zweiter den unverbogenen Absichten der Architekten. Als ausgehöhlter, fugenloser Quader von 50 mal 70 Metern, 10 Meter tief in der Erde, 10 Meter darüber, als ein Stein, als Grabstein besteht er auf materialer Konsistenz aller seiner Räume, und, wenn es denn wahr wäre, was Ludwig Wittgenstein über die Architektur sagt, ‘dass sie zwingt und verherrlicht, dass es Architektur nicht geben kann, wo nichts zu verherrlichen ist’, dann verherrlicht dieser Bau die Quintessenz von Architektur, er feiert den Raum, das Schweigen der Wände im Licht.
Kiefholzstrasse 222
12437 Berlin
Krematorium Feierhallen Verwaltung
Leasingnehmer
Bezirksamt Treptow von Berlin
Leasinggeber
DEGECIVO Grundstücks-
verwaltungsgesellschaft mbH Eschborn
Axel Schultes Architekten
Frank Schultes Witt
Axel Schultes Charlotte Frank
Christoph Witt Margret Kister
Andresen Choeff Dierks
Helfrich Schuldes Waninger
1992 – 2000
4.058 m²
9.339 m²
11 m
Stahlbeton Sichtbeton
Bonner Ingenieurgemeinschaft Berlin
Dipl.-Ing. Volker Warnat
GSE Ingenieurgesellschaft mbH
IDL
Brandi Ingenieure
Dr.-Ing. Manfred Flohrer
Akustik Ingenieurbüro Moll GmbH
Hannelore Kossel
Strassen- und Grünflächenamt Treptow
Bilfinger + Berger Bauaktiengesellschaft
Generalunternehmer Berlin
Werner Huthmacher
Reinhard Görner